Das Äussere

Das spätgotische Klostergeviert mit Innenhof ist ein Koloss unter den mittelalterlichen Bauten der Schweiz: 78 m lang und 60 m tief (ohne Neubautiefe des Südflügels). Die Anlage hätte mit der geplanten Kirche am Südflügel wohl ein Quadrat gebildet. Nur an der Ostseite schiebt sich ein Querbau vor, wohl ein Zeuge dafür, dass ursprünglich weitere Annexbauten vorgesehen waren. Auf der westlichen Gegenseite liegt ein rechteckiger, sehr geräumiger Rasenplatz mit axialem Wegnetz und je einem barocken Pavillon in der noch erhaltenen Nord- und Westmauer. Nördlich davon steht das vielleicht ins 16. Jahrhundert zurückreichende Pächterhaus, Überrest einer ehemals dreiteiligen Gruppe von Ökonomiegebäuden. Hangseits befinden sich die kubisch gegliederten modernen Schulbauten mit Aula, bzw. die Sporthalle und der ältere Giebelbau der Turnhalle.

Der zweigeschossige, nur talseitig unterkelterte Baukomplex trägt steile Satteldächer, deren Firste in den nördlichen Ecken auf gleicher Höhe angewinkelt sind und nach Süden in neuen Giebelfronten totlaufen, zwischen denen das etwas abgesetzte moderne Dach des Südflügels ruht. Die alten Giebel- und Schleppdachlukarnen sitzen eher zufällig auf den Dachflächen. Von den im 18. Jahrhundert zugunsten des barocken Portalgiebels entfernten Zwerchgiebeln ist einer an der Ostfront des Nordflügels in Fachwerk rekonstruiert worden. An der Nordfassade haben sich zwei renaissanceartige Steinerker erhalten. Der Dachreiter mit barocker Zwiebelhaube auf dem Ostflügel erinnert an die ehemalige Kapelle im Erdgeschoss. Die verhältnismässig reiche Durchfensterung, auf der Nordseite zum Teil mit Kreuzstöcken, ist ohne Achsenbezug, aber ausgewogen. Zahlreiche, wohl nach dem Brand 1489 angebrachte Mauerstreben gürten den Bau ost- und talseitig. Der ursprüngliche Haupteingang im Westflügel, zu dem man durch ein Gitterportal in der Parkmauer gelangt, weist eine rundbogige Sandsteinrustika auf.

Seit 1777 bildet das prunkvolle Nordportal die eigentliche Dominante in der Achse der Mariabergstrasse, barock in der Form, klassizistisch im plastischen Detail. Eine zweiarmige, konzentrisch angelegte Freitreppe mit elegantem Geländer überwindet das Kellergeschoss und führt zu einem konkav geschwungenen Portal mit vorgestellten Säulen und verkröpftem Gebälk, in dessen Triglyphenfries das Baujahr MDCCLXXVII (1777) eingemeisselt ist.

In der Mitte sitzt eine Kartusche mit Agnus Dei als geistliches Klosterzeichen (auch Wappen des Klosters St.Johann im Thurtal), begleitet von Abtstab und Inful, darunter Schild mit Rosenstrauch als Wappen der Herren von Rorschach, das Ganze umschlungen von Rosengebinden und Lorbeerzöpfen. Darüber türmt sich das Wappen Rorschach auf, das auf einem Verkündigungsmedaillon ruht, dessen Kette an den savoyischen Annunziatenorden erinnert, erworben 1686 von Fürstabt Gallus Alt. Seitlich des Portals stehen lebensgrosse Sandsteinstatuen (Kopien) der hl. Karl Borromäus und Johannes Nepomuk. Ein geschweifter Giebelaufsatz über der Dachtraufe betont die Portalachse und nimmt eine Uhr und zwei Glöcklein auf.

Der mächtige Innenhof hat den spätmittelalterlichen Aufriss bewahrt: runde Kreuzgangfenster mit dreiteiligem Masswerk in zehn auf acht Achsen. Türen öffnen sich in der Verlängerung des alten Westeinganges und zwei weitere in der Nordostecke nah beim oktogonalen Brunnen aus der Barockzeit. Ein Wegkreuz teilt die Rasenfläche, in deren Mitte eine Linde steht. Die Fenster des Obergeschosses verteilen sich regelmässig, aber nicht axial zu den Kreuzgangfenstern, wobei die Abfolge am Westflügel im 19. Jahrhundert verengt wurde.

Text aus: Bernhard Anderes, RORSCHACH, Ehemaliges Kloster Mariaberg, 1982 (Herausgegeben vom Amt für Kulturpflege des Kantons St.Gallen und von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Bern (Schweizerische Kunstführer, Serie 32, Nr.320)