Zimmer 244 (heute Unterrichtszimmer)

Im Raum Nr. 244 ist eine Spiegeldecke eingespannt, die von einfachen Stuckprofilen in geometrisierende Felder aufgeteilt ist. Das zentrale Bildfeld zeigt die älteste und bekannteste Gesamtansicht von Rorschach in der Vogelperspektive vom Bodensee aus. Im Vordergrund ist der schon unter Abt Ulrich Rösch um 1485-90 ausgebaute Hafen ersichtlich mit dem quergestellten sog. Salzhaus, aber noch ohne das 1746 gebaute Kornhaus. Rechts breitet sich das Unterdorf aus, links der mit zwei Strassentoren abgeschlossene alte Flecken mit östlicher Kirche und dem alten Pfarrhaus, ganz links aussen das Frauenkloster St.Scholastika. Dazwischen liegt ein fast unberührter Obsthain mit dem alten Weg zur Mühle hinauf. Auf der Terrasse liegt der Klosterkomplex, von ummauerten Gärten flankiert, noch ohne äusserlich ersichtliche Barockzutaten. Westlich vorgelagert drei langgestreckte Ökonomiegebäude. Die Vedute gipfelt gleichsam im mittelalterlichen Schloss St.Anna. Zwei schwebende Engel halten einen bekrönten Wappenschild mit dem Marienmonogramm und dem Spruchband: «SUB NOMINE (MARIAE) ET TUTELA.» Am Fuss bezeichnet: «MONASTERIUM ROSACENUM.»

In zwei seitlich ebenfalls gemalten Medaillons prangen die Wappen der Päpste Sixtus IV. (1471 bis 1484) und Innozenz VIII. (1484 bis 1492), welche den Klosterbau erlaubt, bzw. bestätigt haben.

Diese Deckenbilder sind auf Grund der baulichen Gegebenheiten auf der Rorschacher Ansicht und des heraldischen Stils ins späte 17. Jahrhundert zu datieren. Die Heraufbeschwörung der päpstlichen «Legitimation» für den Klosterbau könnte auf Abt Cölestin Sfondrati (1687-1696) hinweisen, der 1695 vom Papst zum Kardinal erkoren wurde. Mit dieser Ausmalung ist auch der Beweis erbracht, dass die barocke Raumeinteilung im Westflügel nicht erst 1760 vollzogen wurde.

Text aus: Bernhard Anderes, RORSCHACH, Ehemaliges Kloster Mariaberg, 1982 (Herausgegeben vom Amt für Kulturpflege des Kantons St.Gallen und von der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Bern (Schweizerische Kunstführer, Serie 32, Nr.320)